D’Artagnan ein junger adliger vom Lande will im Paris des 17.Jh bei den Musketieren aufgenommen werden. Dank Empfehlungsschreiben und Beziehungen schafft er es tatsächlich, zumindest mal in die Gardekompagnie aufgenommen zu werden. Doch erst nachdem er den drei angesehensten Musketieren (Porthos, Athos und Aramis) so auf die Füsse getreten ist, dass die Angelegenheit natürlich nur mit einem Duell geregelt werden kann. Da er aber so mutig und tapfer und edel und so weiter ist, gewinnt er ihren Respekt und die VIER sind fortan unzertrennlich, einer für alle, alle für einen. Dank D’Artagnans Kühnheit und –seien wir ehrlich – Unüberlegtheit besteht auch nie Mangel an Abenteuern und Gelegenheiten zum Duell.
In Erwartung eines waschechten Abenteuerromans bin ich an die Lektüre herangegangen. Unzählige Duelle, Reisen im Wettlauf mit der Zeit, eine Belagerung, Intrigen am Hof, die Entführung der Geliebten – eigentlich alles enthalten um meine Erwartung zu bestätigen. Trotzdem liess mich das Buch etwas enttäuscht zurück, was wohl daran liegt, dass ich mir unterbewusst eine zu modernen Abenteuergeschichte vorstellte, woran wohl unzählige Verfilmungen nicht ganz unschuldig sind (von denen ich zwar keine gesehen habe, aber allein dieser Trailer erklärt es wohl).
Der Übergeordnete Konflikt zwischen D’Artagnan und dem Kardinal Richelieu wird unterstützt durch die Feindschaft zwischen D’Artagnan und Mylady. So gibt es immer irgendeinen Grund um nach England zu reiten, Pläne auszuhecken oder Leuten mit gezogenem Degen nachzustürmen.
Obwohl Inhaltliche Elemente so auch oft in zeitgenössischer Unterhaltungsliteratur anzutreffen sind (Feinde, die zu Freunden werden usw.), gibt es doch einiges, vor allem Formales, was meiner modernen Lesegewohnheit entgegenlief. So war es doch recht ungewohnt, mehrere Kapitel gegen Ende des Buches aus der Sicht von D’Artagnans Rivalin zu lesen. Möglicherweise war es die Absicht des Autors durch die Beschreibungen der Tricks, mit denen sie sich aus einer Gefangenschaft befreit, weitere Abneigung gegen sie zu schüren, doch bei mir bewirkte es das Gegenteil (allerdings spielt da die Abneigung gegen D’Artagnan, die ich von Anfang an verspürte, auch eine gewisse Rolle). Deshalb fieberte ich im Show-Down mit Mylady mit, und es ist wohl kein wirklicher Spoiler wenn ich sage, dass ich enttäuscht war.
Nicht nur D’Artagnan, sondern auch die anderen Musketiere blieben mir über den ganzen Roman hinweg ziemlich unsympathisch. Strahlende Helden, die natürlich immer unverletzt aus einem Duell hervorgehen, gewitzt und mutig sind, und zu allem auch noch die Günstlinge ihres Vorgesetzten sind, waren im 19.Jh vielleicht noch der letzte Schrei, entlocken einem aber heute eher ein müdes Lächeln. Allerdings werden diese Klischees einige Male gebrochen (so ist z.B. die Liebhaberin von Porthos alles andere als die junge, reiche Geliebte, die er wohl gerne hätte) und in solchen Momenten ist das Buch am besten.
Zum Titel: Klar, D’Artagnan ist bis etwa zum ersten Drittel des Buches kein Musketier, was bis dahin den Titel Die DREI Musketiere rechtfertigt. Doch danach sind die wackeren Helden eindeutig zu viert. Ich war also in der ständigen Erwartung, das einer das Zeitliche segnet (ich hoffte auf D’Artagnan), doch abgesehen von einem kurzen Moment der Hoffnung kurz vor Schluss (wenn schon Gnadenbriefe ausstellen, dann doch bitte eindeutig einer Person zuordnen, das sollte von einem Intriganten und Drahtzieher im Formate eines Richelieu nicht zu viel verlangt sein) erwiesen sich die vier als unkapputbar.
Auch wenn ich jetzt viel kritisiert habe, ist es dieser Urvater der Mantel und Degen-Romane wert gelesen zu werden.
„Sie verstehen mich nicht, meine Herren“, sagte d’Artagnan, den Kopf erhebend, auf den in diesem Augenblick ein Sonnenstrahl fiel und die edel und kühn geschnittenen Züge seines Gesichts vergoldete; „ich möchte Sie nur um Entschuldigung bitten, falls ich dem einen oder dem andern meine Schuld nicht begleichen könnte; denn Herr Athos hat zuerst das Recht, mich zu töten, was den Wert Ihrer Forderung sehr beeinträchtigt und die Ihre, Herr Aramis, sozusagen wertlos macht. Und nun noch einmal, meine Herren: Entschuldigen Sie mich, aber nur in diesem Sinne und jetzt: En Garde!“ S.41
Meine Ausgabe: Die drei Musketiere, Alexandre Dumas, Heyne, 1968; 395 Seiten.